Thursday, May 18, 2006

La Niña santa, Lucrezia Martel, 2004

Lucrezia Martels Film verzichtet fast durchweg auf Establishing Shots und besteht zu großen Teilen aus Großaufnahmen von Gesichtern und anderen Körperteilen. Das Framing der Gesichter entspricht jedoch nicht den Kino bzw. Fernsehkonventionen, die gefilmten Personen sind meist unruhig, positionieren sich in ungewöhnlichem Winkel zur Kamera, scheinen eben die zentrierte Einstellung, die gesucht wird, abzuwehren. Auch die Lichtregie trägt zu dem oft leicht verwirrenden Gesamteffekt bei. Hinter den Gesichtern, die meist sehr nah an der Kamera vorbeihuschen, finden sich selten klare Strukturen, diffuse Beleuchtung lässt den Hintergrund im Unklaren. Doch oft finden sich nicht nur im Vorder- sondern auch im Hintergrund Menschen, die sich bewegen, einer genaueren Analyse durch den Zuschauer im Weg stehen.
Alle Figuren der Handlung zeichnen sich durch ihre jeweils spezifische Körperlichkeit aus. Auch einzelne Körperteile spielen wichtige Rollen. Nachdem Dr. Jano Amalia zum zweiten Mal betatscht, wird er auf dem Weg nach Hause dazu gezwungen, dieselbe Hand immer wieder zu anderen Zwecken zu verwenden.
Die Welt der Erwachsenen ist geprägt durch eine Vielzahl sexueller Bindungen, die allerdings sozial und religiös extrem überformt sind, was teilweise bizarre Ausmaße annimmt. Die Verstrickungen der einzelnen Beziehungen spiegelt sich in den scheinbar ungeordneten, chaotischen, letztlich bedrückenden Anordnungen der Mise en Scene spiegeln. Lange scheint es, als gebe es auch für Amalia keinen Ausweg aus den zahlreichen Fallen der Gesellschaft. Die letzte Szene weißt eventuell doch einen Weg. Während ihre Mutter durch die Teilnahme an Janos Showuntersuchung noch einmal deutlich macht, dass sie in den Vexierspielen der verlogenen Sexualität unrettbar verloren gegangen ist, endet Amalias Geschichte mit einer kleinen Utopie. Zwar ist auch die erwachende lesbische Liebe nicht ohne Probleme (noch in der letzten Szene bleibt der Status der Beziehung unklar), doch das Bild der Mädchen im klaren Wasser des Pools verspricht einen Ausweg aus der Welt der zungenküssenden Religionslehrerinnen.

1 comment:

Anonymous said...

Hallo.
Ich mochte mit Ihrer Website somedirtylaundry.blogspot.com Links tauschen