Monday, May 15, 2006

Rudy Ray Moore Double Feature

Dolemite, Martin D'Urville, 1975

Mitte der 70er Jahre war Blaxploitation für die großen Studios bereits durch, einige kleine Indies machten aber trotzdem weiter. Dolemite ist einer von vielen ultra low budget Krachern aus dieser Zeit und führt das Genre auf all das zurück, was man an Blaxploitation hassen kann - aber auch auf einiges, was zumindest ich liebe.
In technischer Hinsicht ist Dolemite eine einzige Katastrophe. Mikros hängen ins Bild, das Editing gerät gerade an den entscheidenden Stellen mit schöner regelmäßigkeit ausser Kontrolle (diesbezüglicher Höhepunkt ist eine Sexszene, die auf dermaßen wirre Art gefilmt und geschnitten ist, dass man doch geneigt ist, Absicht zu unterstellen). Regieneuling D'Urville zeigt keine Spur von Gefühl für Framing oder Tempo. Muss er aber auch nicht.
Rudy Ray Moores "Raps" werden in langen, starren Einstellungen präsentiert, wirken jedoch trotz allem. Überhaupt ist erstaunlich, wie diese ultra-low-budget One-man-show an allen Ecken und Enden funkt und swingt. 1975 war die Welt zumindest musikalisch noch in Ordnung.

The Human Tornado, Cliff Roquemore, 1976

Der direkte Nachfolger ist noch einige Klassen weirder. Allerdings macht bereits die in jeder Hinsicht unglaubliche Titelsequenz klar, dass bei diesem Projekt ein deutlich größerer Anteil der beteiligten als beim Vorgänger die ganze Geschichte nicht mehr sonderlich ernst genommen haben.
Rudy Ray Moore deliriert sich durch einen Plot, dem es gelingt, trotz seiner faktischen Nichtexistenz zahlreiche Fragen offen zu lassen und mit zunehmendem Fortgang der "Handlung" verliert sich der grundsympathische Film mit leichten John-Waters Anklängen immer mehr im Surrealen. Unter anderem gelingt es Roquemore, gleich zwei Sexszenen zu drehen, die noch bescheuerter sind als das Editing-Chaos aus dem Vorgänger. Überhaupt werden die Scherben der gesamten Blaxploitationproduktion schnell entsorgt, keine gutmenschelnde Politik mehr (im ersten Teil taucht noch eine - freilich kaum ernstzunehmende - Antidrogenmessage auf), der genreimmanente Sexismus wird von Beginn an ins Groteske übersteigert und dekonstruiert sich schnell selbst.
Nicht nur die Blaxploitationfilme sondern das gesamte Genresystem - vor allem im etwas dreckigeren Bereich - gerät Ende der 70er Jahren mehr und mehr aus den Fugen. Grund ist wahrscheinlich der Siegeszug der harten Pornographie, der aber als angenehmen Nebeneffekt immerhin einige der absurdesten, phantastischsten filme aller Zeiten hervorbrachte - unter anderem eben The Human Tornado. Erst die Verbannung der Pornos in die Videotheken brachte wieder etwas Ordnung in die Filmproduktion. Möglicherweise ist das Zeitfenster zwischen Deep Throat und der Videorevolution in der Tat das interessanteste Kapitel der amerikanischen Filmgeschichte.
Doch wie dem auch sei, es gibt noch mehr Rudy Ray Moore Filme da draussen. I can dig it.

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