Saturday, March 10, 2007

Inferno, Dario Argento, 1980

"Haben Madame sich verletzt?" - "Nein, das ist kein Blut, sondern Farbe!"
Aber selbstverständlich ist bei Argento Blut sowieso zu allererst eine Farbe. Und ganz besonders in Inferno, dem Film, in dem der Italiener dem Farbrausch mehr denn je frönt.
Ein Großteil des Films spielt in den seltsamen Häusern des Architekten Varellis, durchgeknallten Prachtbauten, architekturhistorisch wahrscheinlich irgendwo Ende 19. / Anfang 20. Jahrhundert angesiedelt, popkulturell in der filmischen Vision Argentos jedoch eher auf der Schwelle zwischen Seventies-chique und Glamour/Neon-Eighties - wie auch die ebenso grandiose Musik Keith Emersons gleichzeitig auf beide Epochen verweist. Labyrinthische Gänge voller tendenziell halluzinogener Farben, psychedelischer Klänge, leichtbekleideter Frauen, behanschuhter Messerstecher und natürlich Blut.
Von einer sinnvollen Handlung natürlich weit und breit keine Spur. Dennoch ist nichts an Inferno beliebig. Argento weiß genau, was er macht. Ganz im Gegenteil: Inferno ist so etwas wie die ausgestellte Formel eines Argento-Filmes, seiner synästhetischen Dynamik ebenso wie seiner psychosexuellen Grundlagen. Mehr noch als in anderen Filmen zerstört der Regisseur bewusst jeglichen Realitätseffekt - ohne dass der Film dadurch auch nur einen Hauch seiner Wirkung einbüßen würde (auch wenn das Ergebnis möglicherweise nicht ganz den Drive von Suspiria besitzt). Inferno ist ein Manifest des filmischen Antirealismus und eine perfekte Vorlage für das moderne Blockbusterkino, das allerdings bis heute nie auch nur halb so weit gegangen ist wie der Meister. Argento spielt mit offenen Karten - und gewinnt trotzdem mit Leichtigkeit.
Ganz besonders großartig ist eine Szene, die ausnahmsweise einmal nicht innerhalb eines Hauses spielt (und selbstverständlich mit dem Rest der Handlung nichts zu tun hat): Ein alter Mann möchte in einem seichten Gewässer einen Sack voller junger Katzen ertränken, fällt bei diesem Versuch verdientermaßen auf die Fresse und versucht sich ans Land zu retten, während der von Ratten attackiert wird. Ein Würstchenverkäufer beobachtet die Szene, eilt zu dem Alten - und greift zum Fleischermesser. Am Ende triumphieren die Ratten (Btw: Tiere im italienischen Horrorfilm... Ein weites Feld, das sich zu bearbeiten lohnen würde).

1 comment:

Anonymous said...

Diese Szene mit dem Fleischermeister fand' ich auch immer ganz famos. Die ist vollkommen sinnlos. Wer ist das? Warum macht er das? Was soll das? Und dennoch: Passt. Ist super so.

Auf diese weise hat das wirklich nur good ol' Dario hingekriegt. Schade, dass ich die Vorführung verpennt habe!

Best-
Thomas