Saturday, August 25, 2007

Blackwater Fever, Cyrus Frisch, 2006

Ein Mann fährt mit dem Auto durch eine recht kahle Ebene, irgendwo zwischen Steppe und Wüste, beziehungsweise Amerika (Wegweiser LA - Las Vegas) und Afrika (hungernde schwarze Kinder am Straßenrand), beziehungsweise Brown Bunny, Twentynine Palms, Vanishing Point und Hunter S. Thompson. Irgendwann sitzt eine Frau neben ihm, und noch später im Film machen die beiden ein bisschen miteinander rum, ohne dass dabei viel rauskäme oder auch nur ein Wort fällt.
Ein kleiner, vollkommen psychotischer, durch und durch narzisstischer Wüsten-Entfremdungs-Roadmovie ist Blackwater Fever. Wirklich neu oder originell ist wenig an dem Film, sicherlich nicht die neoexistentialistische Grundstimmung, die bereits im kurzen Monolog zu Filmbeginn etabliert wird (einige der wenigen Sätze, die in dem Film überhaupt fallen), genauso wenig die obsessive Auseinandersetzun mit einer kaputten männlichen Subjektivität, die sich hier unter anderem in blutigem Urin niederschlägt (beziehungsweise eben überhaupt in dem titelgebenden Blackwater Fever, das wohl eine Form der Malaria ist). Auch die Verbindung eben dieser kaputten Subjektivität mit (post)kolonialen Diskursen, wie sie vor allem in den letzten 10 Minuten versucht wird, wurde in Beau Travail bereits um einiges komplexer ausformuliert.
In mancher Hinsicht ist Blackwater Fever wohl nicht mehr als ein Kondensat aus einigen mehr oder weniger hippen Filmen der letzten Jahre.
Andererseits ist der Film bei weitem nicht ohne Reiz und in jedem Fall ein deutlich interessanteres Kondensat als beispielsweise Electroma. Denn Blackwater Fever interessiert sich letztlich nicht für Zitate und nimmt sich selbst von der ersten bis zur letzten Minute vollkommen ernst. Frisch scheint tatsächlich der Ansicht zu sein, dass es sich lohnt, mit dem Auto in die Wüste und nach Afrika zu fahren. Beziehungsweise einen Film darüber zu machen. Und zwar einen, der dann tatsächlich in Afrika spielt und am besten auch noch echte Hungernde als Schauspieler nutzt (warum das dann doch nicht ganz geklappt hat, kann man hier nachlesen). Blackwater Fever ist obsessives Kino, das durch seine pure Konsequenz überzeugt, beziehungsweise durch den in jedem Bild spürbaren Versuch, irgendwie den Fallen des Kino/Kunst/Festivalbetriebs zu entkommen, die noch jedes stilistische oder inhaltliche Experiment zur vermarkbaren Provokation zu degradieren im Stande sind. Leider und fast zwangsläufig gehen dabei die tatsächlichen Inhalte, die transportiert werden sollen,, tendenziell verloren, sei es durch ihre besonders kryptische Darstellung oder ganz im Gegenteil durch eine für ein "Plattheiten" und "plumpen Politparolen" grundsätzlich feindlich gegenüberstehendes bourgeoises Publikum nicht tragbare zu direkte Annäherung an dieselben. Auf Blackwater Fever trifft im Grunde beides zu und so nähert sich Frischs Werk konsequenterweise strukturell der Konzeptkunst an.
An meiner intuitiven Abneigung, mich tatsächlich mit den moralisch / politischen Fragestellungen auseinanderzusetzen, die der Frisch anbietet, ist der Film selbst wahrscheinlich gar nicht schuld. Blackwater Fever ist ein seltsamer Film, ein Film, dessen Reiz sich weniger aus seinen genuin filmästhetischen Merkmalen herleitet (obwohl er durchausgut aussieht, auf seine Weise und eine Art hypnotische Anti-Dynamik entwickelt, die mir sehr gefallen hat), sondern vielleicht eher aus der Spannung zwischen dem, was er sagen möchte und dem, was er als Off-Off-Kino, im Grunde abgeschnitten von noch fast jeder Form von Publikum, überhaupt sagen kann. Beziehungsweise besteht die Spannung vielleicht noch weiter außerhalb des Films selbst, nämlich in Verschränkungen von Geo- und Filmpolitik, die dafür sorgen, dass Filme, die tatschlich die Auseinandersetzung mit der post/neokolonialen Gegenwart suchen, in die Politfilmghettos peripherer Filmfestivals verbannt werden. Und vielleicht hängen diese Fragen dann doch wieder irgendwie mit Blackwater Fever selbst zusammen.
Ach... Wie gesagt ein seltsamer Film, aber irgendwie doch auch ein großartiger. Zumindest einer, über den man scheinbar nur sehr sonderbare Dinge schreiben kann. Ich ja auch, aber ein gewisser Paul Groot kann das noch viel besser. Mit dessen ausgezeichneter Filmlektüre als Begleitung macht der Streifen gleich doppelt so viel Freude. Check it out if you ever have the chance.

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