Thursday, July 08, 2010

Enamorada, Emilio Fernández, 1946

Wenn man wie ich die mexikanische Revolution fast nur aus amerikanischen und italienischen Western kennt, wird man sich einiges neu überlegen müssen nach diesem Film. Enamorada (siehe auch Bert Rebhandl auf cargo) projiziert nichts von außen auf diese Revolution, er versucht, ein noch sehr junges und offensichtlich kaum verarbeitetes Ereignis möglichst in seiner Gänze mit einer dynamischen Liebesgeschichte zu verkoppeln. Das vielleicht großartigste an der Sache ist, dass am Ende Liebesgeschichte und Revolution sich einander nicht im Weg stehen. Sondern zu beidseitiger Zufriedenheit zu Ende geführt werden.
María Félix gibt die weibliche Hauptrolle und ist außer Rand und Band. Eine Furie, die Ohrfeigen verteilt, mit Feuerwerkskörpern um sich wirft, Pistolen streichelt...

...und sich auch sonst zu wehren weiß:

Emilio Fernández' Regie ist äußerst inspiriert und verzichtet konsequent auf banale Filmrhetorik, fast jede einzelne Szene leistet sich kleine oder größere Extravaganzen. Oft filmt Fernández Menschen in ihrer ganzen Größe und leicht in Untersicht. Auch die Montage ist alles andere als analytisch und unsichtbar, viel eher eindeutig und selbstbewusst formend. Da lässt er eine Einstellung wie die Folgende auch schon mal gefühlt minutenlang ohne Schnitt und Bewegung laufen...

...nur um dann unvermittelt und schockartig zu einer Nahaufnahme in Aufsicht zu wechseln:

Auch María Félix setzt der Film klug ein. Zwar dominiert sie jede Szene, in der sie auftritt, mit Leichtigkeit, aber allzu viel klassische Star-Close-ups bekommt sie gar nicht. Primär ist sie im Film Handelnde, eines der Bewegungszentren, den Blick stillstellen will sie nur selten. In einer der wenigen "echten" Großaufnahmen (im Deleuzschen Sinne) klebt ihr eine adrette Träne unter dem Auge:

Erst gegen Ende, wenn sich der gesamte Film eine Pause, ein musikalisches interlude, gönnt, unternimmt er eine eingehende Studie dieses Stargesichts (mitsamt leicht exaltierten Augenbewegungen):









Der Film beginnt mit seiner Analyse also genau da, wo das konventionelle Melo mit seiner aufhört und sich in weichgezeichneten Hochglanz-Großaufnahmen ergeht.
Meine Lieblingseinstellung aber entstammt der Szene, in der María Félix ihren soon-to-be-Lover in die Luft sprengt. Kurz bevor der durch die Luft fliegt, bringt sie sich in Sicherheit und klettert über eine Mauer. Zurück bleibt - seelenruhig - eine Kuh:

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