Tuesday, October 26, 2010

Viennale 2010: Das rote Zimmer, Rudolf Thome, 2010

Nur ein wenig jetzt, mehr wird es hoffentlich später zu sagen geben über diesen schönen Film, aber dazu muss und möchte ich auch Das rote Zimmer wohl zuerst noch ein zweites Mal sehen; so kunstvoll versteckt der Film seine kunstvolle Konstruktion.
Vielleicht sind alle Thome-Filme inzwischen Beschreibungen von Inseln. Beschreibungen weil sie eher beschreiben denn erzählen, wie etwas geschieht: nicht unbedingt nüchtern, aber stets genau und ein wenig pedantisch (das Kino darf pedantisch sein), eins nach dem anderen, jeder Schritt hat dieselbe Emphase, ob sich zwei küssen und eine dritte den Kuss beobachtet (das passiert oft im Film und der Blick der Beobachtenden hat ganz unterschiedliche Bedeutungen, ist mal nur wissenschaftlich-neugierig, mal eifersüchtig, mal irgendwas dazwischen), oder jemand nur mit einem Auto an Weizenfeldern (?) entlang fährt, anhält und aussteigt. Was würde es bedeuten, wenn...? Und genau dieses "was wäre, wenn" ist die Form der Filme, das resultiert allerdings nicht in fantastischen Konstruktionen, sondern in Welten knapp neben der Realität, Welten, in denen man sich auch nicht wundern muss, wenn in den Fernsehnachrichten vom Oderhochwasser die Rede ist. Beziehungsfilme als Science Fiction der Jetztzeit. Inseln, weil die Filme auf inselartige Organisationsstrukturen zustreben. Häuser mit eigenem Garten und Teich, Selbstversorger aus freiem Willen, vertraglich geregelte Absonderung. (Aber die Insel ist nicht völlig isoliert, sie braucht ihr Außen, die Stadt. Und es ist nicht so, dass allen Thome-Figuren in der Stadt unbedingt etwas fehlt.) Auf einer Insel gibt es andere Organisationsformen (oder: es kann andere Organisationsformen, solche, die es sich im Kino zu beschreiben lohnt, nur noch dort geben) als an Orten, die keine Inseln sind. Und diese Formen zu beschreiben ist nicht dasselbe wie eine einfache Flucht ins Private.
Wie in Tigerstreifenbaby wartet auf Tarzan: Ein Mann, zwei Frauen, ein Haus auf dem Land. Aber das Ende ist völlig anders und im ganzen Film geht es um Wissenschaften und um Verträge, um Formalisierungen. Fred, der Mann ist außerdem diesmal kein Alien, sondern Kussforscher und schreibt einmal ein biochemisches Paper mit allerlei Formeln und Statistiken, während ihm die Kamera über die Schulter blickt. Die beiden Frauen, auf die er trifft, erforschen Gefühle, erstellen Fragebögen, formulieren Verträge. Luzie, die eine Frau, schreibt außerdem Romane, sie ist es, die Fred findet und in das gemeinsame Landhaus einführt. "Ich werde Dich lieben, bis ich sterbe", sagt sie. Sibil, die andere Frau, ist erst sehr bossy, als Fred dann aber mit verbundenen Augen in Richtung rotes Zimmer geführt wird, hebt sie sanft die Äste eines Baumes, damit die ihm nicht ins Gesicht geraten. Ein anderes Mal legt sie ein, so nennt es der Abspann: Buschfeuer. Diese Szene habe ich nicht ganz verstanden. Auch deshalb möchte ich diesen Film bald wieder ansehen.

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