Tuesday, December 31, 2013

Iguana, Monte Hellman, 1988

Zuerst tauchen nicht seine Gesichtsnarben auf, die eher Maske als Narben sind, eigentlich, ein schuppenartiges Muster, in das Symmetrien eingeschrieben sind, die den Blick lenken und das sich über die eine Gesichtshälfte legt, die der Mann, Oberlus (Everett McGill), der Kamera zunächst abgewandt hat. Im Bild zunächst statt dessen das Tattoo auf seinem Oberarm. Das durchaus kunstvolle Tattoo, nicht die Gesichtsvernarbung, scheint ihn an die anderen Männer auf dem Schiff zu binden, denen er allerdings schon im Prolog entflieht: Die Titel legen sich über seine Flucht, einsam schwimmt er durchs Meer, auf der Tonspur sonderbar isoliert das Platschen des Wassers, das sein Körper teilt. Die Welt rund herum schweigt, aller Ton geht von Oberlus aus.

Er landet auf einer Insel, die er sich bald Untertan macht, wie ein Piratenkönig ohne Schiff. Sein Ziel spricht er direkt aus: "waging war on mankind", für alles, was sie ihm angetan haben (man sieht fast nichts davon, erfährt nicht, woher die Narben stammen; insgesamt wirkt er eher wie ein Prototyp einer neuen Spezies, denn wie ein verletzter Mensch). Er schnappt sich verlorene Seelen, die aus nicht näher ausgeführten Gründen ebenfalls auf der Insel gestrandet sind und beherrscht sie mit kalt überschäumender Brutalität. Parallel geht es um eine Frau, die einem Mann entflieht, den sie nicht liebt, mit einem anderen, den sie liebt und der wiederum von Oberlus erschlagen wird, mit dem stumpfen Holzklotz, während dem Sex. Oberlus vergewaltigt die Frau dann mehrmals, schwängert sie schließlich, hält sie allerdings getrennt von den anderen Sklaven. Oberlus möchte ein rationaler Tyrann sein, der seinen Krieg vernünftig führt und deshalb von den Grundbedürfnissen ausgeht. Den Sex möchte er gerne genauso behandeln, als Grundbedürfnis. Das klappt bald nicht mehr so recht, nicht weil die Frau zu ihrem Recht kommen würde, sondern weil seine eigenen Fetische Überhand nehmen.

Der Roman, der dem Film zugrunde liegt, wird von Hellman nicht verfilmt, sondern ausgeweidet. Die Hintergrundgeschichte, die Zusammenhänge, die Politik sind radikal abwesend, ich weiß nicht einmal, ob meine eigene rudimentäre Zusammenfassung oben korrekt ist. Die Rückseite der Opazität im Verhältnis zu seinem Außen ist eine radikale Konzentration im Innern des Films (was sehr bald auch heißt: auf und im Innern der Insel, die von Oberlus absolut gesetzt wird). Alle in dem Film sagen, was sie meinen, denken, planen, erst einmal direkt; man könnte fast sagen sie bellen es, denn dem Sprechen in Iguana ist alle Sanftheit, alle Innerlichkeit ausgetrieben (trotzdem ein Film der Großaufnahmen: die Kamera sucht Gesichter ab, findet nichts in ihnen). Die eine Verkomplizierung, die mit der Frau, die die Fetische aufruft, in den Film kommt, muss dann ganz besonders ausführlich, Schritt für Schritt, durchgearbeitet werden. Weil beide Seiten sich selbst immer wieder klarmachen müssen, was sie anstreben: Unterwerfung, die nur gespielt, Herrschaft, die nicht mehr ganz absolut ist. Die entsprechenden Szenen spielen in einer Höhle im Innern der Insel, in einem genuinen Urszenensetting und sie stellen nichts Geringeres aus als die Entstehung von Zivilisation aus der Verfeinerung phallischer Neurotizität.

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