Saturday, July 26, 2014

Hofbauerkongress 13: und weiter

und weiter im inzwischen etwas abgekühlten, dafür aber zunehmend gut belegten Filmhauskino mit Ernst Hofbauer himself: Holiday in St. Tropez ist etwas erträglicher als die ersten beiden seiner Filme, die ich (auf vorherigen Kongressen) gesehen habe, einfach wegen der puren Durchgeknalltheit der Schlager und ihrer Bebilderung. (Die durchgeknallteste Bebilderung habe ich wohl verpasst, den Song immerhin gibt es auf Youtube). Scheint ringsum sehr gut angekommen zu sein, mein Fall ist's trotzdem immer noch nicht, dieses Kalauernde, die Montage, die Menschen zu Material reduziert (und deshalb einfach wenig Eigenheiten zulässt). Die Szene, in der ein Polizist einen Knüppel schwingend durch ein Cafe läuft und einen besonders weirden, traurigen Schlager singt ("große Liebe war es nie / das weißt du ja / aber immer / bin ich für Dich da"), gehört zu den besten des Films, macht mir aber auch klar: Wenn schon Schlagstockkino, dann lieber Chang Cheh als Hofbauer.

(Super trotzdem: Alle Szenen mit Sumpfgewächs Margitta Scherr: Zunächst noch eingesperrt im Upperclass-Elternhaus, ein tracking shot durch den herrschaftlichen Garten, im Hintergrund rennt ein Hund mit. Ihre ennui manifestiert sich in einer der wenigen wirklich eleganten Einstellungen des Films: sie sitzt am Bildrand im Vordergrund, wendet sich den Eltern ab und der Kamera zu, den Kopf auf die Stuhllehne gestützt. Später dann Rebellion im Schlabberpulli, aber gleich schon relativiert: "Ich bin verkommen, aber gutartig". Ein Satz, der zu vielen Kongressfilmen passt, bisher.)

Giulia bzw Desiderando Giulia von Andrea Barzini erweist sich als ein sediertes, sedierendes Stück Upperclass-Erotika wie straight aus dem Ninetiesnachtprogramm der Privaten, mit einer üppigen Hauptdarstellerin, deren Fülle sich im Lauf des Films als genauso unsinnlich erweist wie alle anderen Zeichen von Reichtum, mit denen der Film zugekleistert ist.

Dann aber... nach faulem 35mm-Glamour (wieder einmal: die ranzigsten Filme kommen in den besten Kopien) rauhe Digitalehrlichkeit: Wegen Verführung Minderjähriger von Hermann Leitner, laut imdb eine österreichische Produktion - und ein kleines Wunderwerk frühexploitativer Funktionalität. Ein (abgesehen von einer juristischen Rahmenhandlung) geradliniger, auf seine Art sehr offenherziger Film über etwas betuliche alte Herren, die sich nicht zu helfen wissen angesichts der Avancen der jungen Dinger, besonders derer von Marisa Mell. Es beginnt im Unterricht, eine Mädchenklasse, auf den Lehrer hin ausgerichtet. Dessen Fragen kann nur die Streberin Marisa beantworten. Später, nachdem ihre Eltern bei einem Unfall gestorben sind, quartiert sie sich bei ihm ein. Und besucht mit ihm etwas, das sie für ein Jazzkonzert hält (und wo sie, wie auch sonst den gesamten Film über, von zwei Jungs gestalkt wird, die ihr sich anbahnende Affäre zu sabotieren versuchen, dabei aber selten zwingedere Mittel als Papierkügelchen einsetzen). Und liegt neben der gleichaltrigen, aber unreiferen Tochter des Lehrers auf dem Bett, Nabokovs Lolita lesend. Ein Bein nach oben abgeknickt. Die Lehrerstochter (die ein interessantes Gesicht hat) versucht die Pose nachzuahmen. Das Drehbuch ist ganz darauf ausgerichtet, Situationen herzustellen, in denen Marisa mit dem Lehrer allein ist (bzw dabei eben nur von den beiden Stalkern beobachtet wird, die auch anzeigen, dass es im Film nicht um echte Intimität geht, sondern um etwas, das immer alle angeht). Schon gegen diese Drehbuchpläne kommt der Lehrer nicht an, gegen seine Gefühle erst recht nicht. Ein Film über Entmächtigung.

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