Monday, September 22, 2014

Enemies Closer, Peter Hyams, 2013

Das DTV-Exil, in das es jetzt auch Peter Hyams verschlagen hat, taugt nicht dafür, ganze Welten zu simulieren. Aber es taugt dafür, Bühnen zu bauen.

Gedreht wurde in Bulgarien, der Film spielt in der Grenzregion zwischen den USA und Kanada. Aber was heißt "spielt"? Die erste Szene zeigt ein Flugzeug, das über grau-nebliges Niemandsland fliegt und dann in einen See stürzt. Eher als eine "narrative Prämisse" ist das eine Markierung: Hier, ins buchstäbliche Nichts, setzt sich der Film hinein, mitsamt einer Handvoll Akteure und einiger Requisiten. Und führt etwas auf.

Einer ist schon da, ein Ranger, der führt einen durch die Gegend, macht einen mit der Gesamtarchitektur vertraut, auf die es aber gar nicht so ankommt: See und Wald als hauptsächlicher Gegensatz, dann noch ein paar Häuser. Für sich selbst zählt das alles nicht viel, wie auch die Theaterbühne an sich nicht viel zählt, wenn man die Kulissen noch nicht kennt.

Nach und nach treten andere Akteure auf. Und erst mit den Akteuren etablieren sich die Bühnen. Anders ausgedrückt: Hyams' Kamera arbeitet das Bühnenartige zwischenmenschlicher Situationen heraus. Man könnte einwenden: Das macht jeder establishing shot. Das interessante bei Hyams ist, dass er seine Bühnen weder von "natürlichen Begrenzungen" wie Zimmerwänden oder landmarks, noch formalistisch von den Begrenzungen der Einstellung her denkt; sondern, dass er sie einzig aus den Figurenkonstellationen heraus entwickelt.

Was für ein großartiger Regisseur Hyams ist, zeigt sich schon im ersten längeren Gespräch des Försters mit der einzigen Frau, in der Art, wie er die gesamte Szene um ihr lädiertes Bein herum inszeniert, wie er ihren Körper in ein Element des Sets verwandelt.

Die Widersacher des Rangers tauchen in einer bizarren, ganz besonders bühnenhaft anmutenden Szene in einer Polizeistation auf. Jemand klopft, die Tür öffnet sich und in den vorher routiniert dunklen Raum fällt scheinwerferartig gleißendes Licht, das sowohl einen der Cops illuminiert, als auch die geheimnisvollen Ankömmlinge... die sich der Bühne dann vermittels okayer Showmanship, bzw vor allem amüsantem, wenn auch identitätspolitisch nicht ganz koscherem Van-Damme-Budenzauber bemächtigen.

Die effektvollsten Bühnentrick des Films benötigen nichts weiter als Licht, das die Bühne durch fast willkürlich anmutende Selektionen irrealisiert: Warum ist in einer Szene, die bei einem weißhaarigen grumpy Nachbarn des Rangers spielt, ein kleiner Teil des Zimmers hell und heimelig beleuchtet, der große Rest des Raums aber kalt, düster, tot?

Die Regie als das Licht, das auswählt, das bei dieser Auswahl schlauer ist als jedes (und ganz besonders: als dieses) Drehbuch. Ein Problem, das bleibt: Woraus kann man überhaupt noch auswählen im real existierenden amerikanischen B-Actionkino dieser Tage?

Die Außenszenen sind weniger clear cut, aber das macht sie nur noch interessanter. Sobald der Tag vergeht, wird endgültig klar, dass im Film gar keine Welt existiert - und also auch keine Natur. Es herrscht fahles Licht, das jeden Ort in eine potentielle Bühne verwandelt, und das nicht mit realistischen Darstellungskonventionen konform geht: Wenn wir einen der Akteure sehen, heißt das noch lange nicht, dass der andere Akteur, der keine zwei Meter neben ihm steht, ihn auch sehen kann. Einige der Actionszenen (die schon sehr okay, aber halt alle nicht von Tsui Hark inszeniert sind...) im Wald haben etwas immens Gespenstisches.

Einer der bad guys ist dafür abgestellt, den Film selektiv zu erhellen, vom See aus, mit dem Scheinwerfer eines Motorbootes. Der Plot ist mechanisch, die Schauspieler bis auf van Damme egal... aber dieses Geisterlicht!

No comments: