Monday, January 12, 2015

Taking a Chance on Karlson 6

Lorna Doone, 1951

Paradox eigentlich, dass ausgerechnet meine Begeisterung für das Kino der Studiohandwerker mir wieder und wieder vor Augen führt, wie wenig mich die handwerklichen Aspekte des Kinos (und insbesondere des Kinoerzählens) im Grunde interessieren. Ob Lorna Doone ein guter swashbuckler ist oder nicht, kann ich nicht nur nicht sagen, es kümmert mich schlicht und einfach nicht. Viel wichtiger als das Genre ist dem Film die Psychokartografie: Der Junge, der vorm Wasserfall steht und nach oben blickt, den in die Tiefe stürzenden Wassermassen die Stirn bietend.




Erst schwenkt die Kamera den Wasserfall entlang nach oben, dann folgt der Junge ihr nach. Fast vier Minuten lang dauert die Szene, in der er anschließend den Wasserfall empor klettert. Kein Wort, kein Halteseil, nur nasser Fels, Hände, Wasser, Rauschen. Nichts mehr anderes, nichts, was die Situation des Jungen nicht betreffen würde gibt es in der Welt des Films für diese knapp vier Minuten (doch, eine Pflanze, an der er sich festhalten kann, als er abzustürzen droht).




















Oben angekommen wartet das Paradies. Und ein Mädchen.












Mehr Bilder braucht es nicht. Nie wieder erreicht der Film solche Klarheit. (Außer vielleicht im wiedererkennden Bilck des Mädchens:



, den ich, wie auch das vorherige, ein wenig für Effekt editiert habe) Aber das ist der Punkt. Den Weg über den Wasserfall kann man nur einmal gehen. Tatsächlich versucht der Junge es noch einmal, nachdem er aufgewachsen ist. Er trägt dann eine Rüstung, mit einem stahlharten Helm vor allem. Kaum mehr als eine Minute braucht er diesmal für den Aufstieg. Dass Karlson teils die exakt selben Einstellungen wählt wie im ersten Aufstieg, macht die Differenz nur noch deutlicher. Der Wasserfall ist zur Wegstrecke geworden, die bewältigt werden will. Später wird er zum Blickobjekt (tatsächlich gibt es eine Szene, in der er mit einem Fernrohr beobachtet wird), noch später zu bloßen Staffage.

Weder allerdings unterhält der Mann zu seiner Jugend, noch der Hauptteil des Films zu seinem Prolog ein melancholisches Verhältnis. Wenn etwas verloren gegangen ist, dann ist es eben weg. Die Härte des Films, seine Mechanik der Gewalt, die, wie ich lese, vermutlich bewusst der des Western nachempfunden ist, verweist auf einen absoluten Verlust (sicher nicht der Unschuld).

Andere Elemente der Psychokartografie: Hinter dem Wasserfall ist ein Schloss, an das sich heranpirscht, wer den Wasserfall erklimmt. Das Schloss hat auch einen Haupteingang, über dem liegt eine Brücke. Der exquisit nüchterne, seine narrative Funktionalität im Sprechgestus mitreflektierende Ich-Erzähler aus dem Off meint schließlich, als der Sieg naht, eher resigniert als triumphal: Diesmal mussten wir nicht über den Wasserfall ins Schloss. Diesmal haben wir den Haupteingang genommen. Im Wasserfall, wie im Schloss sind Spalten und Durchgänge, durch die man treten kann. Im Wasserfall allerdings bedeutet eine Spalte, wie auch ein Vorsprung nicht das, was ein Durchgang und eine Treppe im Schloss bedeuten. Im Wasserfall bedeuten sie alles, im Schloss breiten sie lediglich ein Set von Optionen aus. Dass die Filmerzählung am Wasserfall ihren Höhepunkt, also einen Moment von Finalität findet, ist einerseits logisch: Andererseits ist aber auch logisch, dass diese letzte Wasserfallszene, in der nur noch etwas bereits vorher Entschiedenes abgewickelt wird, die schwächste des Films ist.

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