Sunday, July 17, 2016

Zu neuen Ufern, Douglas Sirk, 1937

Männer blicken Frauen an. Die Männer bleiben in einer amorphen, ständig bewegten Gruppe, die Frauen dagegen reihen sich auf, treten dabei auseinander; sie individuieren sich, allerdings nur so, wie sich im Kapitalismus ein Produkt von den anderen individuiert. Wenn sie sich den Männern präsentieren, eine nach der anderen, laufen sie an den Webstühlen vorbei, die sie im Gefängnisalltag bedienen müssen. Die Balken der Geräte einerseits und Sirks Lichtsetzung andererseits sind so konzipiert, dass ein vielleicht zwei Meter langes Licht- und Sichtfenster entsteht, das sie durchschreiten. Sie treten aus der Verschattung für einige Schritte in einen von einem Balken begrenzten Lichtraum, nach dem nächsten Balken fallen sie in den Schatten zurück. Offensichtlich ist das ein Kinodispositiv...

...in dem sich Begehren und Arbeit auf sonderbare Art verschränken. Die Männer kommen ins Frauengefängnis, um Gattinnen zu finden - da in Australien Frauenmangel herrscht, kommen dafür auch weibliche Strafgefangene in Frage. Freilich sehen die Männer in den Frauen mindestens ebenso sehr eine zusätzliche Arbeitskraft wie eine Bettgefährtin, bzw die Mutter ihrer künftigen Kinder. Brautschau und Sklavenmarkt sind ununterscheidbar. Statt einer dünnen Frau könnte er auch gleich einen Chinesen nehmen, meint einer der Männer. Tatsächlich sind die Frauen durch den Webstuhl "von Arbeit geframet"; und doch gerade im Moment des Angeblicktwerdens von Arbeit, und überhaupt von jedem sozialen Zusammenhang, freigestellt.

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